Bundesverband Internetmedizin e.V. (BiM)

DIGA – Wo stehen wir?

DIGA - Wo stehen wir?

Pia Maier, Vorstand BiM e.V.
Pia Maier, Vorstand BiM e.V.

Zuckerbrot und Peitsche – dieses Bild drängt sich auf, wenn man nach fast vier Jahren DiGA ein Resümee ziehen sollte. Gestartet mit Zuckerbrot: Ein Fast Track-Verfahren ermöglicht schnellen Zugang zum Markt, auch für Produkte mit noch nicht endgültig nachgewiesener Evidenz. Doch auch von Beginn an, war da die Peitsche: Die Anforderungen an die Evidenz wurden hoch gesetzt. Gleiches Prinzip bei der Preisbildung: Einerseits freie Preise im ersten Jahr, dann aber andererseits ein zu verhandelnder Vergütungsbetrag. Und auch im ersten Jahr droht die Peitsche: Ein System aus Höchstbeträgen sollte vor sogenannten Mondpreisen schützen.

Dieses Prinzip von „Fordern und Fördern“ wurde auch in den weiteren gesetzlichen Änderungen durchgehalten, zuletzt wurden im Digitalisierungsgesetz (DigiG) DiGA einerseits auf die Risikoklasse IIb ausgeweitet, andererseits mit einer Pflicht zur erfolgsabhängigen Vergütung von 20 Prozent versehen – die Vergütungsbeträge sinken also alle um 20 Prozent, ein Nachlass ist möglich, wenn entsprechende Erfolge nachgewiesen werden. Dieses Prinzip müssen auch alle schon auf dem Markt befindlichen DIGA bedienen, das heißt alle müssen einen entsprechenden Nachweis in die DiGA integrieren und den Vergütungsbetrag neu verhandeln.

Von Anfang an war das Korsett der DiGA ohnehin schon eng geschnürt. Die Voraussetzung, dass sie weitgehend ohne menschlichen Einfluss in der Hand der Patient:innen funktionieren müssen, hat viele gute digitale Produkte außen vor gelassen, die eine stärkere Integration in den Behandlungsablauf vorgesehen haben. Paradoxerweise wird das aber von vielen gefordert, denn Ärzt:innen würden den DiGA-Einsatz gern besser begleiten, wenn sie von digitalen Angeboten überzeugt sind. Ein digital unterstützter Behandlungspfad könnte eben viel mehr, wenn er ohne die engen Grenzen der Vergütungs- und Zulassungslogik entwickelt werden könnte. Dann wäre die quartalsweise Einbestellung, Folgeverordnung und so weiter nicht mehr nötig, dann könnten digitale Tools die Überwachung und Kommunikation übernehmen, bis wirklich wieder Austausch und gemeinsame Entscheidungsfindung von Nöten sind.

Trotz aller Begrenzungen haben wir inzwischen über 50 DiGA gelistet und es kommen stetig neue nach. Deutlich mehr DiGA haben die Erprobung erfolgreich abgeschlossen und sind inzwischen dauerhaft gelistet als aus dem Verzeichnis gestrichen werden mussten. Die Vergütungsbeträge haben sich auf einem Niveau eingependelt, mit dem man kalkulieren kann und auch die Verordnungszahlen kommen in Schwung.

DiGA sind im Alltag angekommen – in der verregelten Welt der Gesetzlichen Krankenversicherung. Das ist alles viel weniger aufregend, als es zunächst den Anschein hatte, denn das Recht zur Verordnung geht nunmal mit zahlreichen Pflichten einher: Zulassung, Listung, Evidenz, Abrechnung…

Einige europäische Länder haben sich die DiGA zum Vorbild genommen, angepasst an ihr System und in Kenntnis der engen deutschen Regularien. Frankreich und Belgien sind schon in der Umsetzung, Österreich ist auf dem Weg, weitere können folgen. Damit rücken auch europaweite Zulassungen in den Blick, die es in ein paar Jahren geben könnte – jedenfalls wenn die Länder es schaffen, sich auch in Sachen Datensicherheit auf einheitlichere Spielregeln zu verständigen. Das wird dann das nächste Level der Debatten: Wie kann eine europaweite Harmonisierung der Regeln aussehen?

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